Kanarienvogel: Die kleinen Virtuosen gibt es nicht nur in Kanariengelb

kanarienvogel gelb
  • Der direkte Vorfahre des Kanarienvogels, der Kanarengirlitz, kommt von den Kanarischen Inseln.
  • Alle Kanarienvögel sind europäische Züchtungen.
  • Kanarienvögel gibt es in verschiedenen Arten, Formen und drei Grundfarben: Gelb, Weiß und Rot.

Berühmt geworden sind die Kanarienvögel durch ihren melodiösen Gesang. Mit seinen schönen Farben ist der Kanarienvogel zudem ein echter Blickfang und fröhlicher Geselle im Vogelkäfig oder in der Voliere.

Dieser Ratgeber bietet Ihnen einen guten Überblick über die moderne Vielfalt der Kanarienvögel und ihre Geschichte. Hier finden Sie die richtigen Informationen zu artgerechten Haltung und der damit verbundenen Kosten.


1. Die Erfolgsgeschichte des Kanarienvogels beginnt auf den Kanarischen Inseln

kanarengirlitz wild Kanarische Inseln

Der Kanarengirlitz ist der wildlebende Urahn der heutigen Kanarienvögel.

Der sonnengelbe Kanarienvogel (Serinus canaria forma domestica), so wie wir ihn kennen, entstand durch Zuchtauswahl im 16. und 17. Jahrhundert. Er kommt so nicht wildlebend vor, sondern ist eine rein europäische Züchtung.

Seine Domestizierung begann mit dem wildlebenden Kanarengirlitz (Serinus canaria), der auf den Kanarischen Inseln, Azoren und Madeira beheimatet ist.

Verglichen mit dem domestizierten Kanarienvogel ist der Kanarengirlitz eher ein unscheinbarer Genosse. Sein Bauchgefieder ist von einem dunkleren, weniger leuchtenden Gelb. Sein übriges Gefieder ist dunkel gesprenkelt.

Kanarienzucht in spanischen Klöstern

Spanische Klöster sahen in Kanarienvögeln eine lukrative Einnahmequelle und begannen als erste mit reglementierter Aufzucht. Während die Hähne teuer verkauft wurden, standen die Hennen unter strenger Bewachung. Erst im 17. Jh. war es einem Italiener möglich, eine Henne zu entwenden.

Die Spanier, die im 15. und 16. Jahrhundert die Kanarischen Inseln überfielen und unter ihre Herrschaft brachten, nahmen einige Kanarengirlitze als Geschenke für ihren König mit. Der spanische Königshof war von den gefiederten Sängern so begeistert, dass die Kanarien schon bald zum Statussymbol des Adels und Sinnbild für Exotik und exquisite Lebensweise wurden. Weil die Nachfragen nach den Kanarienvögeln im 16. Jahrhundert beim Adel überhandnahmen, verlegte man sich zunehmend darauf, Kanarienvögel selbst zu züchten.

2. Der Kanarienvogel im Kurzportrait

Kanarienvögel sind tagaktive, gesellige aber gleichzeitig auch scheue Tiere. Anders als Papageien oder Sittiche gewöhnen sich Kanarien nur zögerlich an den Menschen. Alle Kanarienvögel singen, doch es sind die Männchen, die einen besonderen Gesang entwickeln. Der Gesang dient den Vögeln vor allem als Kommunikation, insbesondere während der Paarungszeit.

Die Kanarienvögel paaren sich in der Regel im Frühjahr. Dabei ist das Geschlecht der Tiere kaum an äußerlichen Merkmalen festzustellen. Laien müssen das Verhalten der Tiere beobachten oder sich an einen Experten wenden.

Bei den Kanarienvögeln besorgt die Henne den Nestbau und das Ausbrüten. Sie nistet in kleinen Körbchen oder offenen Nistkästen und legt 3 bis maximal 6 Eier. Die Brutzeit beträgt ca. 14 Tage. In dieser Zeit werden Küken und Henne von dem Vogelvater gefüttert.

Kanarien werden je nach Rasse unterschiedlich groß. Im Durchschnitt sind sie ca. 10 bis 13 cm groß. Die größten Arten gehören zu den Gestaltskanarien und messen gut 20 cm. Auch ihre Lebenserwartung variiert zwischen 6, 8 und 13 Jahren. Doch sie können auch das Alter von 20 Jahren erreichen. Der älteste bekannte Kanarienvogel wurde sogar 34 Jahre alt.

Hinter dem Namen Kanarienvogel verbergen sich insgesamt drei Arten. Dazu gehören die Gesangs-, Gestalts- und Farbenkanarien. Alle drei Arten werden nach unterschiedlichen Schwerpunkten gezüchtet.

3. Gesangskanarien sind echte Stimmvirtuosen

Die Gesangskanarien sprechen jene Kanarienliebhaber an, die die Vögel aufgrund ihrer schönen Stimmen schätzen. Bei dieser Zuchtauslese dreht sich alles um die Stimme, wobei das Gefieder eine untergeordnete Rolle spielt.

Info: Kanarienvögel sind die einzigen domestizierten Tiere, deren Stimmen durch Zuchtauslese nachhaltig modifiziert werden konnten.

Der bekannteste Gesangskanarienvogel ist der Harzer Roller. Seine Entwicklung nahm ihren Anfang als Bergleute aus Tirol in den Harz auswanderten und ihre Kanarien mitnahmen. Diese Rasse kennzeichnet ein besonderer Gesang, der als „Rollen“ bezeichnet wird. Dabei wird das Lied scheinbar mit dem geschlossenem Schnabel vorgetragen.

Verschiedene Gesangskanarien im Überblick:

Rassen Gesang Herkunft
Harzer Roller Kehlig, rollend, melodiös Harz, Deutschland
Wasserschläger Abwechslungsreiche Strophen Flamen, Belgien
Spanische Trimbrado Heller Glöckchenklang Spanien
American Singer Ähnlich dem Harzer Roller USA

4. Die Farbenkanarien bestechen mit ungewöhnlicher Farbgebung

rotorangener kanarienvogel farbenkanarien

Unter den Farbenkanarien schon ein Klassiker ist der rot-orangene Kanarienvogel.

Bei den Farbenkanarien dreht sich alles um die Vielfalt der Gefiederfarben und Maserungen bzw. Muster. Erst die Kenntnis der Mendelschen Vererbungsgesetze ermöglichte eine nachhaltige Zuchtvielfalt, die heutzutage 400 von Zuchtorganisationen anerkannte Farbenspielarten vorweist. Bei den Farbenkanarien ist fast alles erlaubt von Rot bis Orange, von Blau bis Schwarz, Weiß oder gestrichelt.

Die Einkreuzung mit dem Kapuzenzeisig bescherte den Kanarien zum ersten Mal die rote Gefiederfarbe. Rotgefiederte Exemplare werden Sie unter dem Namen Rotfaktorige Kanarien finden.

Kanarien gibt es seitdem in drei Grundfarben: Gelb, Weiß und Rot. Daneben existieren zahlreiche Farbmutationen und Federstrukturen:

  • Aufgehellte Gefiederfarben: sogenannter Ivoor-Faktor
  • Weiße Federkonturen: Schimmelvögel
  • Mit dunklen Federn: Melaninvögel
  • Kreidig-weißes Gefieder mit „Mosaik-Zeichnung“ aus roten oder gelben Kopf-, Brus- und Bürzelfedern: Mosaikvögel

5. Gestaltskanarien sind die vielfältigsten Kanarienvögel

gestaltskanarien deutsche haube

Die Deutsche Haube ist einer der beliebtesten Gestaltskanarien.

Die Gestaltskanarien, auch Positurkanarien genannt, stellen die vielfältigste Arten-Gruppe unter den Kanarienvögeln dar. Es gibt ca. 30 verschiedene Rassen unter den Gestaltskanarien, die zudem in verschiedene Farbschläge aufgefächert ist. Die Zucht hat im Rokoko und Barock ihren Ursprung.

Ausschlaggebend sind hierbei die Körperformen (besonders klein/groß, schmal, rund) und Körperhaltungen (7-, sichelförmig, gerade) der Vögel.

Detaillierte, mit Fotos aufgearbeitete Informationen zu den verschiedenen Rassen gibt Ihnen der Westdeutsche Farben-, Positur- und Mischlingszüchter-Verband in dieser Internetbroschüre.

Einige Beispiele:

Kanarien Formen Herkunft
Deutsche Haube Kopfhaube, Federfarben wichtig Deutschland
Bossu Belge Glattes Gefieder, kleinköpfig, Körperhaltung wie eine „7“ Belgien
Pariser Trompeter Gerade Haltung, gelockte Federn, gedrehte Krallen Belgien/Holland
Harlekin Dreieckige Kopfhaube, aufrechte Körperhaltung, Körper gestreckt Portugal
Gloster Besonders klein, mit und ohne Haube England

6. Der Kanarienvogel erlernt das Singen

Die Gesangsfähigkeit der Kanarienvögel ist zur Hälfte genetisch festgelegt und wird zur Hälfte durch Erfahrung erlernt. Dabei durchlaufen männliche Kanarien mehrere Gesangslernphasen bis sie eine voll ausgebildete Singstimme haben.

Singschule

Junge Männchen bringen Züchter in die sogenannte Singschule, wo sie in Einzelkäfigen in Hör- aber nicht in Sichtweite des besten Sängers gestellt werden. Dieser Vorsänger (Tudor, Professor) dient dem „Gesangsschüler“ als Vorbild, der auf diese Weise neue Silben und Strophen erlernen soll.

Während der Gesangsausbildung sind die Singfähigkeiten des Vogelvaters als Vorsänger maßgeblich. Doch die Jungtiere richten sich mit zunehmenden Alter auch nach anderen Artgenossen und kreieren ihren eigenen Gesang.

Den schönsten Gesang, den sogenannten Vollgesang, entfalten die Männchen zu Balzzeit. Hennen singen grundsätzlich seltener, dabei ist ihr Gesang dem Subsong (Silbenabfolgen) der Jungtiere vergleichbar.

Beachten Sie vor dem Kauf: So schön der Gesang eines Kanarienvogels auch ist, er kann sich zu einer echten Hörbelastung entwickeln. Denn einige Exemplare sind besonders singfreudig und zwitschern in beachtlicher Lautstärke und Höhenlagen gegebenenfalls den ganzen Tag.

7. Darauf müssen Sie bei der Haltung von Kanarienvögeln achten

Obwohl Kanarienvögel keine Schwarmvögel wie Sittiche sind, so sind sie ausgesprochen gesellige Vögel, die Gesellschaft ihrer Artgenossen brauchen.

Achtung: Einzelhaltung in kleinen Käfigen, so wie sie bis heute in einigen Ländern wie Spanien oder China praktiziert wird, ist Tierquälerei.

Von einer Vergesellschaftung mit anderen Vogelarten ist wegen der speziellen Futterzusammensetzung (ölhaltig) der Kanarien, als auch des ausgeprägten Revierverhaltens des Männchens zu Balzzeit abzusehen. Grundsätzlich ist dabei zu bedenken, dass die Kanarien keine Schwarmvögel sind.

mosaik kanarienvogel

Mosaik-Kanarien haben immer ein weißes Grundgefieder und rote oder gelbe Farbgesprenkel.

Artgerechte Kanarienhaltung beginnt mit mindestens einem Paar und einer auf die Anzahl der Vögel zugeschnittenen Voliere oder einem Vogelkäfig für Zimmerhaltung.

Kanarienvögel sollten täglich so lange wie möglich frei fliegen dürfen. Zuvor müssen Sie mögliche Verletzungsquellen im Zimmer beseitigen, Spalten abdecken und alle Fenster und Türen schließen.

Als absolute Mindestgröße des Käfigs gelten die Maße:

  • Bei Paarhaltung: L 70 x H 50 x B 50 cm
  • Mehr als zwei: L 100 x H 50 x B 50 cm

Info: Der Vogelkäfig sollte quadratisch (niemals rund!) sein, wobei die Länge entscheidender als die Höhe ist.

Zur Haltung des Kanarienvogels hat die Tierärztekammer Berlin ein Infoblatt als PDF herausgegeben.

7.1. Ausstattung des Vogelkäfigs

kanarienvogel käfig artgerecht

Ein artgerechter Käfig hat senkrechte Gitterstäbe, natürliche Haltestangen und „Aktivitätsfutter“.

Die beste Wahl für die Haltung der Vögel ist eine (Zimmer-, Außen-) Voliere, die mit ungiftigen Pflanzen bepflanzt ist.

Der Vogelkäfig sollte geräumig und in Augenhöhe angebracht sein. Damit gewährleisten Sie, dass die scheuen Vögel nicht durch vorbeigehende Personen und Haustiere aufgescheucht, verängstigt und dauerhaft gestresst werden.

Damit die Vögel besser durchschauen können, sollten die Gitterstäbe schwarz und senkrecht sein.

Als Sitzmöglichkeiten eignen sich am besten unbehandelte Naturstangen aus Holz in verschieden Dicken. Vermeiden Sie grundsätzlich Plastik und Hölzer aus China, die stark mit Chemikalien behandelt sind.

Tipp: Suchen Sie einfach die richtigen Zweige im Wald oder in Obstgärten.

Zu Ausstattung gehören ferner:

  • Spielzeug
  • Futternäpfe und Tränke aus Edelmetall
  • Wasserspender
  • Badeschale
  • Wetzstein
  • Vogelsand

7.2. Stellen Sie den Käfig an einen warmen Ort

Kanarienvögel baden gern und lieben es hell und warm. Dennoch sollten Sie direkte Sonneneinstrahlung wegen der Hitzeentwicklung vermeiden.

Gleichfalls ungeeignet ist ein Standort im Zentrum des täglichen Lebens, wo gegebenenfalls hoher Geräuschpegel und Hektik herrschen, da Kanarienvögel ein sehr empfindliches Gehör haben.

Verzichten Sie auf:

  • Kaltes, flackerndes Licht (bspw. Neonröhren, Monitore), auf das die Vögel empfindlich sind
  • Unterbringung in der Küche wegen giftiger Ausdünstungen wie der Teflon-Dämpfe

Stattdessen wählen Sie einen zugfreien, hellen und in Augenhöhe liegenden Standort fernab jedweder Lärmbelastung durch laute Geräte und Geräusche.

Tipp: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kanarienvogel auch im Winter genügend Sonne und Wärme bekommt, zum Beispiel durch spezielle Tageslichtlampen aus einem Tierfachgeschäft.

7.3. Mit diesem Futter tun Sie Ihren Kanarien etwas Gutes

Kanarienvögel ernähren sich ähnlich ihrer wildlebenden Verwandten. Sie fressen vor allem Körner, Samen und frische Baum- und Blütenknospen.

Im Fachhandel bekommen Sie auf Kanarien abgestimmte Körnermischungen.

Kanarien mögen gerne Frischfutter. Achten Sie darauf, dass es ungespritzt ist, und verfüttern Sie es nur in kleinen Mengen pro Tag. Das können Sie problemlos anbieten:

  • Gemüse: Kresse, Gurkenscheiben, Chicorée
  • Obst: Apfel, Trauben, Bananen
  • Wildkräuter: Vogelmiere, Brennnessel, Löwenzahnblätter/-blüten
  • Junge Triebe, Blütenknospen von Obstbäumen
  • Keimlinge

Weiterreichende Informationen zu Fütterung von Kanarienvögel finden Sie hier.

8. Mögliche Krankheiten und wie sie vermieden werden

Kanarienvögel können durch falsche Ernährung an Darmparasiten leiden. Bei schlechter Haltung ist häufiger Milbenbefall zu beobachten. Eine Behandlung vom Tierarzt ist in diesen Fällen unerlässlich. Über die Endo-, Ektoparasiten sowie Bakterien und Viren bei Kanarien erfahren Sie mehr auf dieser Internetseite.

Daher achten Sie unbedingt auf Sauberkeit des Vogelkäfigs, frisches Wasser und das richtige Futter. Durch verdreckte Haltestangen und unsauberen Vogelsand gelangen Bakterien auch in das Futter und Wasser der Tiere.

9. Kanarienvögel kaufen: Das müssen Sie beachten

Tierhandlungen sind für viele die ersten Anlaufstellen, wenn es um den Kauf eines Kanarienvogels geht. Dabei sind sie aufgrund der häufig kritisierten, nicht artgerechten Haltung der Tiere nicht die erste Wahl.

Empfehlenswert sind vielmehr professionelle Kanarienzüchter. Ihr Wissen um die verschiedenen Rassen und ihre Besonderheiten kann Ihnen bei der Wahl des Kanarienvogels und Ausrüstung der Voliere wesentlich hälfen. Der Ankauf sollte persönlich vorgenommen werden.

Gute Züchter haben saubere, geräumige Volieren, frisches Wasser und abwechslungsreiches Futter. Ihre Tiere sind munter, haben gut ausgebildetes Gefieder, glatte Beinschuppen und sind beringt. Auf den Ringen stehen das Geburtsdatum des Vogels und die Züchternummer.

Die Preise stehen in starker Abhängigkeit von Rasse und Kaufstelle und liegen zwischen 10,- und 150,- Euro. Ein unterschätzter Anschaffungskostenpunkt ist die Voliere und ihre Ausstattung, was mit mindestens 100,- Euro zu veranschlagen ist. Günstig ist hingegen das Vogelfutter, das monatlich für ein Kanarienpaar bei ca. 15,- bis 20,- Euro liegt.

10. Weiterführende Bücher über die Haltung von Kanarienvögeln

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Bildnachweise: Abb.1: Terentieva Yulia/shutterstock; Abb.2: Erni/shutterstock; Abb. 3: Eric Isselee/shutterstock; Abb.4: Maximilian100/shutterstock; Abb.5: Juan Carlos Marcos/ shutterstock; Abb.6: Mysikrysa/shutterstock (nach Reihenfolge im Beitrag sortiert)

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